Jenseits des Wollens – die stille Geburt des Lichts
- Christian Vorsmann

- 5. Okt.
- 2 Min. Lesezeit

Es gibt Momente auf dem inneren Weg, die wir uns nie wünschen – und doch scheint kein Erwachen ohne sie möglich. Momente, in denen alle bisherigen Antworten kraftlos werden. Das Wissen reicht nicht mehr, die alten Sicherheiten zerfallen, und jeder Versuch, das Leben zu lenken, wirkt plötzlich leer.
Diese Zeit wird seit Jahrhunderten die dunkle Nacht der Seele genannt.
Es ist die Phase, in der wir begreifen: Alles Wollen gehört noch zur Welt der Gegensätze. Jedes Streben nach Anerkennung, Erfolg, Heilung oder Glück bleibt Teil der Dualität. Solange wir handeln, um etwas zu erreichen, handeln wir aus dem Ego heraus – auch wenn es spirituell klingt.
Irgendwann versiegt dieses Wollen. Nicht weil wir resignieren, sondern weil wir erkennen: Kein Tun, keine Leistung, keine äußere Bestätigung kann uns zu dem bringen, was wir in Wahrheit schon sind.
Und in dieser Stille beginnt etwas Neues: Ein zartes Licht, das wir nicht selbst erzeugen können, erscheint. Es ist keine Belohnung, sondern eine stille, unverrückbare Gegenwart. Dieses Licht übernimmt die Führung. Es lenkt Verstand, Körper und Persönlichkeit – nicht als Herrscher, sondern als sanfte Wahrheit. Das Ego bleibt als Werkzeug bestehen, doch es herrscht nicht mehr.
Vielleicht ist dieses Licht das, was wir immer gesucht haben. Wir haben geglaubt, wir müssten die perfekte Glühbirne sein – stark, schön, unversehrt, um zu leuchten. Doch die Wahrheit ist: Wir sind nie die Glühbirne gewesen. Wir sind das Licht selbst. Die Form kann zerbrechen, die Hülle kann fallen, aber das Licht bleibt und strahlt weiter – frei, unverletzbar, unbegrenzt.
Von außen betrachtet scheint vielleicht nichts zu geschehen. Doch innerlich vollzieht sich eine tiefe Wandlung: Aus dem Kämpfer wird ein Zeuge. Aus dem Suchenden wird ein Lichtträger. Aus dem Ich wird Sein.
Die dunkle Nacht der Seele ist kein Ende. Sie ist die stille Geburt eines neuen Bewusstseins.
Wenn das Wollen schweigt, kann das Licht endlich führen.



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